impulse Erlebnisverein | Floßtour

Schlauchboot, Floß und Segeln

Erlebnisse auf dem Wasser zeichnen sich durch drei ganz spezifische Dinge aus:

Das Team erlebt sich als abgegrenzte Einheit. Aussteigen/Weggehen ist nicht so einfach möglich. Alle sind eine Zeit lang auf engem Raum, haben Blickkontakt und können sich nicht aus dem Weg gehen. Damit ist ein Rahmen geschaffen, indem Nichtkommunizieren nicht möglich ist und Konflikte gelöst werden müssen, um ans Ziel zu kommen.

Die Symbolik des Wassers ist das Fließen. Damit machen alle Übungen auf dem Wasser vor allem zeitliche Prozesse deutlich. Nur wer als Gruppe an einem Strang zieht, kommt in Fahrt. Die individuellen Fähigkeiten der Einzelnen summieren sich zum Erfolg der Gruppe.

Genau wie im Arbeitsleben gibt es Kontexteinflüsse, wie Wind und Wetter die beachtet und optimal genutzt werden müssen. Dann kann es sein, dass man mal das Segel neu setzen muss oder eine Seite mal mehr oder weniger rudern muss.

Erlebniswoche 2010 Erfahrungsbericht

Eine große Chance im Leben

Mit verschränkten Armen steht der 15 jährige Torsten*, seinen Körper halb abgewendet im Kreis mit neun anderen Teilnehmern, die auf die Wiese starren und genervt Gras rupfen.
Für die Teilnehmer der Erlebnistage „Stark durchs Leben“ ist es eine tägliche Herausforderung der Schulpflicht zu genügen, die sozialen Normen und Anforderungen in der Schule zu erfüllen und mit ihren Mitschülern und Lehrern positive Beziehungen zu gestalten.

Die Erlebniswoche ist eine große Chance endlich etwas durchzuhalten und wichtige Erfahrungen und Methoden als Handwerksszeug mit in den Alltag zu nehmen.
Doch der Gedanke sechs Tage mit fremden Jugendlichen auf einem 15 m2 großen Floß und im Hochseilgarten zu verbringen, wo man den anderen das eigene Leben anvertraut, überfordert in den ersten Stunden jeden in der Gruppe.

Wer bin ich?

Der Erste Tag steht unter den Motto „Wer bin ich“ und zielt darauf ab, dass die Jugendlichen sich selbst und sich gegenseitig kennen und vertrauen lernen, um ihre eigenen Stärken und Grenzen besser einschätzen zu können. Inhaltlich werden die Teilnehmer gemeinsam erlebnispädagogische Kooperationsaufgaben lösen, sich gegenseitig interviewen und gemeinsame Verhaltensregeln erarbeiten.
In der zweiten Tageshälfte meistert die Gruppe komplexere Kooperationsaufgaben, um sich damit Taler zu verdienen, mit denen am Ende das Material für das Floß gekauft werden kann.
Torsten wird am Ende des Tages in der obligatorischen Abschlussrunde sagen: „Am Anfang fand ich alles scheiße Alter, na ja es ist ja auch al-les scheiße, aber es geht“ Ein großes Kompliment, wenn man Torstens Biografie kennt. Auf die Frage, was er sich für den Folgetag wünscht, sagt er leise: „So wie heute“.

Wir als Gruppe

Am Folgetag treffen die Teilnehmer begleitet von einer impulse-Betreuerin pünktlich im Hochseilgarten Breitenfelder Hof ein. Die Gruppe ist fast vollständig, einzig Torsten fehlt unentschuldigt. „Er hält nie etwas durch.“, sagt sein Betreuer am Telefon.
Für die anderen Teilnehmer bekommen die Begriffe Verantwortung und Vertrauen eine völlig neue Qualität. Heute geht es darum, den fremden Jugendlichen sein Leben anzuvertrauen, um in bis zu 12 Metern Höhe in der Gruppe Aufgaben zu lösen. Dieser Tag geht an die Grenzen der Teilnehmer.

Regeln und Normen

Torsten wird am dritten Tag mit einer Stunde Verspätung von seinem Betreuer zu dem gemeinsamen Treffpunkt gebracht. Er möchte wieder dabei sein und verspricht an der Floßtour teilzunehmen. Wir führen lange Gespräche, vereinbaren Regeln und stellen Bedingungen: Nach der dritten Verwarnung wird er sofort nach Hause gefahren. Torsten ist einverstanden. Nach der Einigung erledigen die Jugendlichen auf einer Stadtrallye Dinge, die für die Floßtour erledigt werden müssen: Einkaufen und Filmschneiden. Außerdem dürfen die Teilnehmer ihre verdienten Taler in Floßbaumaterial eintauschen. Sie müssen in der Gruppe diskutieren und entscheiden, was  wichtig  ist  und  was  nicht. Eine Entscheidung, die die Teilnhemer im Alltag viel zu oft abgenommen bekommen. Am Tag darauf erschienen alle 10 Teilnehmer pünktlich am Hauptbahnhof. Die Zugfahrt wird zur Nervenprobe. Die Jugendlichen haben wenig Platz, sich aus dem Weg zu gehen. Die Lage eskaliert, als sich Torsten direkt ans Gleis auf die Bahnsteigkante setzt. Torsten bekommt eine Anzeige wegen Nötigung von der Bahnpolizei und vom impulse-Betreuungsteam seine erste Verwarnung.
Die Teilnehmer bauen in der prallen Sonne aus den Einzelteilen ein fünf mal drei Meter großes Floß. Torsten braucht viel Zeit, um sich darauf einzulassen und zu helfen. Er kämpft mit sich und sägt und schraubt schlussendlich doch. Nach vier Stunden Bauzeit lässt die Gruppe das Floß zu Wasser. Glücksgefühl und Frustration wechseln im Minutentakt. Konflikten können die Teilnehmer auf dem 15 m2 Floß nicht aus dem Weg gehen. Aller 30 Minuten braucht die Besatzung eine Pause für Körper und Nerven. Den ersten Schlafplatz erreicht die Gruppe bei Einbruch der Dunkelheit. Nach einem kurzen Lagerfeuer schlafen alle erschöpft ein.

Eskalation und Deeskalation

Am fünften Tag unserer Erlebniswoche eskaliert die Situation. Torsten und sein Freund schubsen zwei andere Teilnehmer vom fahrenden Floß ins Wasser. Daraufhin werden die beiden aus der Gruppe herausgenommen. Die anderen Jugendlichen können erstmals in ruhe paddeln und dürfen sich ausgelassen in Schwimmwesten neben dem Floß hertreiben lassen. Den Teilnehmern tut das Fehlen der beiden Jugendlichen gut. Es folgt ein erneutes langes Telefonat mit den Betreuern zeigen sich Torsten und sein Freund einsichtig wie nie zuvor. Der Abend klingt friedlich am Lagerfeuer aus. Während Torsten und sein Freund am nächsten Morgen mit dem Auto nach hause fahren, lassen die übrigen Teilnehmer die Tour auf dem Floß ausklingen. Nach der Mittagspause bauen sie das  Floß ab, verladen die Balken in den Transporter und fahren mit dem Zug nach Leipzig.

Am Ende sind alle Sieger

Am Bahnhof warten überraschenderweise Torsten und sein Freund auf uns. Die Gruppe ist wieder versammelt, bekommt ihre Foto-CD und eine Teilnehmerurkunde ausgehändigt. Alle Jugendlichen haben das Gefühl, einen Sieg über sich selbst errungen zu haben. Müde aber glücklich haben alle, auch Torsten mit etwas Hilfe und Druck sechs Tage lang durchgehalten.

Methoden

Flossbauprojekt

Floßbau / Floßfahren

Schlauchboot